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Aufgabe:

Was ändert sich mit den Jahren inhaltlich in der Handlungsführung und in der Figurengestaltung?

Welche Intention verfolgen die Autoren jeweils mit ihrer Fabel? Beachtet dazu den gesellschaftlichen Hintergrund!

Welche Rolle spielt er für die Anlage der Fabel? Stellt diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede zusammen.

Der Tanzbär (Christian Fürchtegott Gellert) (1746)

Ein Bär, der lange Zeit sein Brot ertanzen müssen,
Entrann und wählte sich den ersten Aufenthalt.
Die Bären grüßten ihn mit brüderlichen Küssen
Und brummten freudig durch den Wald,
Und wo ein Bär den andern sah,
So hieß es: "Petz ist wieder da!"
Der Bär erzählte drauf, was er in fremden Landen
Für Abenteuer ausgestanden,
Was er gesehn, gehört, getan,
Und fing, da er vom Tanzen red'te,
Als ging' er noch an seiner Kette,
Auf polnisch schön zu tanzen an.

Die Brüder, die ihn tanzen sah'n,
Bewunderten die Wendung seiner Glieder,
Und gleich versuchten es die Brüder;
Allein anstatt wie er zu gehn,
So konnten sie kaum aufrecht stehn,
Und mancher fiel die Länge lang darnieder.
Um desto mehr ließ sich der Tänzer sehn;
Doch seine Kunst verdroß den ganzen Haufen.
"Fort", schrien alle, "fort mit dir!
Du Narr willst klüger sein als wir?"
Man zwang den Petz, davonzulaufen.

Sei nicht geschickt, man wird dich wenig hassen,
Weil dir dann jeder ähnlich ist;
Doch je geschickter du vor vielen andern bist,
Je mehr nimm dich in acht,dich prahlend sehn zu lassen.
Wahr ist's, man wird auf kurze Zeit
Von deinen Künsten rühmlich sprechen;
Doch traue nicht, bald folgt der Neid
Und macht aus der Geschicklichkeit
Ein unvergebliches Verbrechen.


Der Tanzbär (Gotthold Ephraim Lessing) (1759)

Ein Tanzbär war der Kett' entrissen,
Kam wieder in den Wald zurück,
Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück
Auf den gewohnten Hinterfüßen.
"Seht", schrie er, "das ist Kunst; das lernt man in der Welt.
Tut es mir nach, wenn's euch gefällt,
Und wenn ihr könnt!" - "Geh", brummt ein alter Bär,
"Dergleichen Kunst, sie sei so schwer,
Sie sei so rar sie sei,
Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei."

Ein großer Hofmann sein,
Ein Mann, dem Schmeichelei und List
Statt Witz und Tugend ist;
Der durch Kabalen steigt, des Fürsten Gunst erstiehlt,
Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt,
Ein solcher Mann, ein großer Hofmann sein,
Schließt das Lob oder Tadel ein?


Der Tanzbär (Gottlieb Konrad Pfeffel) (1783)

Ein Gauner an dem Weichselstrand,
Wo man nichts kennet als Despoten
Mit ehrnen Zeptern und Heloten
In Lumpen, zog mit kecker Hand
Ein Bärchen aus der Mutter Pfoten,
Die durch ihn fiel. Der Sieger hing
Flugs einen Korb dem armen Waisen
Ums rauhe Kinn. Ein dichter Ring
Mit einem Gängelband von Eisen
Würgt ihm den Hals und überdies
Stumpft er, um sich vor seinem Biß
Zu schützen, ihm die jungen Zähne.
Da half kein Heulen, keine Träne.
Noch mehr; er zwang den armen Wicht
Mit aufgerecktem Kopf und Ranzen,
Er mochte wollen oder nicht,
Nach seinem Dudelsack zu tanzen
Und seinen Affen Favorit,
Der, taub gleich ihm, bei Petzens Klagen,
Wenn dieser seufzte, Fratzen schnitt
Als Reitpferd durch die Welt zu tragen.
Wenn ihn der Unmut überwand,
So büßten seinen Widerstand,
Bald seine Knochen, bald sein Magen.
So strich ihm unter tausend Plagen
Bereits das dritte Jahr vorbei,
Als einst, im Sturm der Schwelgerei,
Sein Herr vergaß ihn anzuschließen.
Die Freiheit winkt; mit schnellen Füßen
Verläßt er seine faule Streu
Und fliehet, von den Finsternissen
Der Nacht bedeckt, durch Busch und Moor
Ins nahe Holz. Mit frohen Küssen
Empfängt ihn seiner Brüder Chor.
Der eine reicht ihm leckre Speisen,
Der andre hilft ihm von dem Eisen
An Hals und Schnauze sich befrein.
Der Hedmann eilet voll Entzücken
Den Gast mit Eichenlaub zu schmücken
Und weihet ihn zum Bürger ein.
Kaum konnte Petz sein Glück ermessen,
Doch lernt er eher Honig fressen
Und nur sich selbst gehorsam sein,
Als seines Henkers Wut vergessen.
Ihr Zwingherrn, bebt! Es kommt der Tag,
An dem der Sklave seine Ketten
Zerbrechen wird, und dann vermag
Euch nichts vor seiner Wut zu retten.
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Motive im Vergleich - Der Tanzbär

In den Fabeln "Der Tanzbär" von Christian Fürchtegott Gellert, Gotthold Ephraim Lessing und Gottlieb Konrad Pfeffel werden unterschiedliche Aspekte der Gesellschaft und des menschlichen Verhaltens beleuchtet. Jede Fabel hat ihre eigene inhaltliche Führung und Figurengestaltung, die jeweils unterschiedliche Botschaften und Intentionen der Autoren widerspiegeln.

1. Inhaltliche Änderungen und Figurengestaltung

In Gellerts Fabel wird der Tanzbär für seine überlegenen Tanzfähigkeiten erst bewundert, dann aber verstoßen, da er sich von den anderen abhebt. Die Fabel zeigt, wie Neid und die Angst vor dem Andersartigen zu Ausgrenzung führen können.

Lessings Fabel hingegen kritisiert die Sklaverei und den Verlust der Würde durch das Erlernen von "Kunststücken", die als Beweis niederen Geistes und der Unterwerfung gewertet werden. Der Tanz des Bären dient hier als Metapher für den Menschen, der durch Anpassung und Verlust seiner Authentizität an Würde verliert.

Pfeffels Version nimmt eine politischere Perspektive ein und zeigt deutlich die Themen von Tyrannie und dem Kampf um Freiheit auf. Der Bär erleidet physische und psychische Qualen, bevor er schließlich flieht und von seinen Artgenossen aufgenommen wird. Die Fabel endet mit einer warnenden Botschaft an tyrannische Herrscher.

2. Intention der Autoren und gesellschaftlicher Hintergrund

Gellerts Fabel reflektiert die sozialen Dynamiken seiner Zeit, in der Individualität und besondere Begabungen sowohl bewundert als auch beneidet wurden. Seine Intention könnte darin bestehen, auf das Problem des Neids und der Ausgrenzung in der Gesellschaft aufmerksam zu machen.

Lessing nutzt seine Fabel zur Kritik an der Hofgesellschaft und an Menschen, die sich durch Anpassung auszeichnen und dabei ihre moralische Integrität verlieren. Er legt den Fokus auf den inneren Wert und die Authentizität des Individuums.

Pfeffel setzt sein Werk ein, um politische Kritik an der Unterdrückung und dem absolute Herrschaftsanspruch zu üben. Seine Fabel ist ein Appell an die Freiheit und die Rechte des Individuums sowie eine Warnung an die Unterdrücker.

3. Rolle des gesellschaftlichen Hintergrunds

In allen drei Fabeln spielt der gesellschaftliche Hintergrund eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der Handlung und der Charaktere. Die gesellschaftlichen Verhältnisse – ob die Neigung zum Neid, die Verluste an Authentizität durch Anpassung oder der Kampf um Freiheit gegen Unterdrückung – fließen in die Botschaften der Werke ein.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Gemeinsam haben die Fabeln das Motiv des Tanzbären und die Thematik des Andersseins bzw. der individuellen Fähigkeiten. Sie unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihrem Fokus und ihrer gesellschaftskritischen Botschaft. Während Gellert und Lessing eher auf sozialpsychologische und moralische Aspekte abzielen, fokussiert Pfeffel auf die politische Ebene der Freiheitsbestrebung und Unterdrückung. Diese Perspektiven spiegeln unterschiedliche Facetten der menschlichen Gesellschaft und der individuellen Existenz innerhalb derselben wider.
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